erfolgt mündlich
Antrag: | Ein klimaneutrales Rheinland-Pfalz mit Land, Kommunen und Wirtschaft gemeinsam nach vorne bringen |
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Antragsteller*in: | LAG Verkehr (dort beschlossen am: 05.06.2023) |
Status: | Geprüft |
Eingereicht: | 06.06.2023, 23:11 |
Antrag: | Ein klimaneutrales Rheinland-Pfalz mit Land, Kommunen und Wirtschaft gemeinsam nach vorne bringen |
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Antragsteller*in: | LAG Verkehr (dort beschlossen am: 05.06.2023) |
Status: | Geprüft |
Eingereicht: | 06.06.2023, 23:11 |
Tarifdschungel auflöst und den ÖPNV einfacher und günstiger macht. Dem muss ein attraktives Angebot in Bus und Bahn gegenüberstehen. Dabei muss innerhalb der Gemeinden auch die „letzte Meile“ Berücksichtigung finden.
Ein klimaneutrales Rheinland-Pfalz mit Land, Kommunen und Wirtschaft gemeinsam
nach vorne bringen
Bis spätestens 2040 wollen wir in Rheinland-Pfalz (RLP) klimaneutral werden. Es
gilt, den kritischen Zeitpunkt für das Erreichen der Pariser Klimaschutzziele
nicht zu verpassen. Für eine lebenswerte Zukunft in RLP müssen wir jetzt die
richtigen Weichen stellen, um unsere Städte und Dörfer klimaneutral zu gestalten
und ihre Resilienz für die immer häufiger auftretenden Klimawandelfolgen zu
stärken. Robert Habeck hat mit seinem Ministerium durch ein beherztes und
kompetentes Handeln innerhalb von kürzester Zeit unsere Versorgungssicherheit
und die unserer Wirtschaft wieder gewährleistet. Unser politischer Auftrag ist
es, durch beherztes und konsequentes Handeln dafür zu sorgen, dass wir uns aus
dieser für unsere Volkswirtschaft und unser Klima so gefährlichen Abhängigkeit
von fossilen Energieträgern so schnell wie möglich lösen.
Gemäß des Koalitionsvertrags für die 18. Legislaturperiode (2021-2026) gilt es,
das 1,5°-Ziel des Pariser Klimaabkommens zu erreichen und dadurch eine
nachhaltige Zukunft für RLP zu gewährleisten. Der jüngste IPCC-Sachstandsbericht
hat die Dringlichkeit für konkrete Maßnahmen hervorgehoben. Schon jetzt sind die
Folgen der fortschreitenden Klimakrise in RLP mit zunehmenden
Extremwetterereignissen spürbar und die 15 wärmsten Jahre seit Beginn unserer
Aufzeichnungen verzeichnen wir in RLP in den letzten 30 Jahren. Und auch die
energiewirtschaftlichen Auswirkungen des völkerrechtswidrigen Krieges Russlands
gegen die Ukraine haben deutlich gemacht, dass Klimaneutralität und die
zukünftig vollständige Ausrichtung unserer Energieversorgung auf Erneuerbare
Energien nicht nur eine klimapolitische, sondern auch eine sicherheitspolitische
sowie soziale und wirtschaftliche Notwendigkeit ist. Für die
Versorgungssicherheit der Menschen müssen wir den Klimaschutz nach vorne
stellen, Kommunen bei Klimaschutzmaßnahmen vor Ort unterstützen und die
Umsetzung sozial gerecht gestalten.
Der aktuelle rheinland-pfälzische Klimabericht 2022 zeigt, dass die angestrebte
Reduktion der Treibhausgasemissionen verfehlt wurde und seit 2015 eine
Stagnation in den verschiedenen Sektoren zu verzeichnen ist. In den Sektoren
Gebäude und Verkehr mit jeweils rund einem Viertel und im Sektor Industrie mit
gut einem Drittel der Emissionen in RLP müssen erheblich größere Anstrengungen
unternommen werden, damit RLP möglichst schnell, spätestens jedoch 2040, die
Klimaneutralität erreichen kann.
Denn eins ist uns bewusst: Klimaschutz passiert vor Ort und ganz konkret und
jeder kann daran teilhaben und wird davon profitieren. Deshalb wollen wir unsere
Kommunen weiterhin unterstützen und ihnen, z. B. im Rahmen des kommunalen
Investitionsprogramms für Klimaschutz und Innovation (KIPKI) und des Kommunalen
Klimapakts (KKP), die notwendigen Ressourcen an die Hand geben. Mit KIPKI haben
wir ein bundesweit einmaliges Investitionsprogramm in Höhe von einer viertel
Milliarde Euro auf den Weg gebracht, mit dem unsere Kommunen einfach,
unbürokratisch und schnell in Klimaschutz investieren können. Das ist
Klimaschutz, der vor Ort ankommt und die kommunale Selbstverwaltung ernst nimmt!
Für uns GRÜNE gilt: In allen Sektoren müssen wir jetzt verbindlich Klimaschutz
umsetzen. Dies betrifft den notwendigen Aufbau von Anlagen zur Erzeugung und
Speicherung Erneuerbarer Energien. Der Ausbau Erneuerbarer Energien muss
beschleunigt und prioritär vorangetrieben werden. Aber auch bei der Bewältigung
großer „Klima-Brocken“ wie den Sektoren Verkehr und Gebäudeenergie braucht es
klare Regulierungen und große finanzielle Anstrengungen, die nur gemeinsam mit
dem Bund zu bewältigen sind.
ENERGIEWENDE IN STADT UND DORF
Für klimaneutrale Kommunen brauchen wir einen umfassenden Ausbau der
Erneuerbaren Energien, insbesondere der Solar- und Windenergie. Dafür haben wir
in unserem Koalitionsvertrag mit den Regierungspartnern nach intensiven
Verhandlungen vereinbart bis 2030 den kompletten Strombedarf des Landes aus
Erneuerbaren Energien zu erzeugen. Hierzu sind Zubauraten von mindestens 500
Megawatt (MW) Wind und 500 MW PV-Leistung pro Jahr in RLP notwendig. 2022 wurden
aber gerade einmal 71 MW Wind und 323 MW Photovoltaik (PV) zugebaut.
Hinsichtlich der Windenergie wurde die im Koalitionsvertrag des Landes
enthaltene Verlagerung für Genehmigungsverfahren auf die Struktur- und
Genehmigungsdirektionen aktuell bereits umgesetzt, der Bund hat mit dem
Windenergie-an-Land-Gesetz eine wesentliche Voraussetzung für den Ausbau
geschaffen. Ebenso wie das Land NRW beabsichtigen wir die darin enthaltenen
Fristen bis 2032 nicht auszunutzen, sondern wollen eine regionale Ausweisung von
2,2% der Landesfläche für Windenergie bis zum Ende der Legislatur abschließen
und Kommunen bei der zügigen Fortschreibung ihrer Flächennutzungspläne und
Ausweisung unterstützen.
Wir werden uns dabei auch dafür einsetzen, dass der Ausbau der Erneuerbaren
Energien z.B. durch kommunale Solidarpakte, Bürgerstrommodelle und
genossenschaftliche Beteiligung praktisch wie monetär bei den Kommunen und den
Menschen vor Ort ankommt. Die Agri-PV wollen wir durch Pilot-Anlagen auf
Landesflächen weiter fördern und die Planung von PV an Lärmschutzwände und
Dämmen an Bahnen und Straßen unterstützen.
Für eine schnelle Energiewende ist es auch wichtig, gerichtliche Verfahren zu
beschleunigen. Daher müssen in der Justiz die personellen und organisatorischen
Voraussetzungen geschaffen werden, um Verfahrensabläufe noch schneller zu führen
und abzuschließen.
Mit dem Solarpaket hat die Ampel-Koalition im Land einen wichtigen Schritt beim
Ausbau der Solarenergie im Land angekündigt. Mit der Pflicht für Solaranlagen
auf öffentlichen Gebäuden bei Neubau und Sanierung erfüllt die öffentliche Hand
eine wichtige Vorbildfunktion. Der Paradigmenwechsel, PV auf denkmalgeschützten
Gebäuden in der Regel zu genehmigen, ist ebenso zu begrüßen wie die deutliche
Anhebung des Volumens bei der PV-Freifläche auf 400 MW. Damit ermöglichen wir
den Kommunen vor Ort Klimaschutz umzusetzen und Wertschöpfung in der Region zu
generieren. Mit dem Kommunalen Klimapakt stellen wir den teilnehmenden Kommunen
ganz konkrete Beratung der Energieagentur zur Ausweisung von PV- und
Windkraftflächen zur Verfügung.
WÄRMEWENDE IN STADT UND DORF
Im Sektor Gebäude konnten die CO2-Emissionen in RLP nur um 10,5% im Vergleich zu
1990 reduziert werden. Daher müssen gerade im Gebäudesektor noch erhebliche
Anstrengungen unternommen werden.
Für das Erreichen unserer Klimaschutzziele ist die Wärmewende im Gebäudebestand
zentral. Der Umstieg auf erneuerbare Energien im Wärmebereich schafft
Energiesicherheit, schützt vor Kostensteigerungen beim Heizen mit fossilen
Energien und sorgt für Planungssicherheit für Investorinnen und Investoren. Die
Wärmewende ist nicht nur notwendig, um unsere Klimaziele zu erreichen. Mit jeder
Kilowattstunde Gas oder Öl, die wir weniger importieren, machen wir uns
unabhängiger von autokratischen Staaten. Außerdem steigern wir die regionale
Wertschöpfung vor Ort.
Für uns GRÜNE ist klar, dass die Wärmewende nur sozial gerecht geht. Daher
brauchen wir umfassende Beratung, z. B. durch die Verbraucherzentralen und die
Energieagentur RLP, sowie ausreichend Förderung bei Investitionen in Erneuerbare
Heizsysteme und energetische Sanierungen.
Um an Gegebenheiten vor Ort anzuknüpfen - nachhaltig verfügbare Bioenergie und
regionale, sichere Tiefen-Geothermiepotenziale sowie industrielle Abwärme zu
nutzen und Wärmenetze zu bauen - muss die Wärmewende in Quartieren und
Dorfgemeinschaften geplant und umgesetzt werden. Mit diesem dezentralen Ansatz
kommt den Kommunen eine Schlüsselfunktion bei der Wärmewende zu.
Deshalb unterstützen wir die vom Bund geplante Verpflichtung einer kommunalen
Wärmeplanung für Städte und Gemeinden und fordern ein flankierendes Förder- und
Beratungsangebot. Die Wärmeplanung sollte hierbei möglichst digital und
dynamisch erfolgen. Dazu sind allen beteiligten AkteurInnen aktuelle
Energiedaten datenschutz-konform zur Verfügung zu stellen. Kommunen sollen zudem
bei der Umsetzung von Wärmenetzen, klimaneutralen Neubaugebieten und der
Ausweisung von Sanierungsgebieten im Bestand unterstützt werden.
Um auch als öffentliche Hand als Vorbild voranzugehen, fordern wir für alle
öffentliche Gebäude einen energetische Sanierungsfahrplan.
Ohne das Klimahandwerk ist eine Transformation im Energie- und Wärmebereich
nicht umsetzbar. Wir fordern daher eine Ausbildungs- und Qualifikationsoffensive
für das Klimahandwerk und einer Anpassung bei der Ausbildungsvergütung. Deshalb
wollen wir dort auch die Weiterbildung finanziell unterstützen.
MOBILITÄTSWENDE IN STADT UND DORF
Der Sektor Verkehr mit einem Anteil von 25,2 % in 2020 an den Gesamt-Emissionen
in RLP ist der einzige Sektor, bei dem sich die Emissionen gegenüber 1990 sogar
um 4,5 % erhöht haben. Daher ist dringend eine Mobilitätswende erforderlich, die
auf den Zielerreichungspfad eines klimaneutralen Sektors Verkehr führt.
Zur Erreichung der Klimaneutralität im Verkehr brauchen wir neben klaren
Vorgaben zur Elektrifizierung der Antriebe beim motorisierten Individualverkehr
auch eine deutliche Verringerung desselben. Wir müssen den Ausbau des ÖPNV mit
Bahnen und Bussen forcieren, den Fuß- und Radverkehr stärken und gleichzeitig
Maßnahmen auf den Prüfstand stellen, die den Autoverkehr fördern. Das
Deutschlandticket ist ein wichtiger verkehrspolitischer Meilenstein, der den
Tarifdschungel auflöst und den ÖPNV einfacher und günstiger macht. Dem muss ein
attraktives Angebot in Bus und Bahn gegenüberstehen. Dabei muss innerhalb der Gemeinden auch die „letzte Meile“ Berücksichtigung finden.
Dafür braucht es einen konsequenten Aus- und Neubau der Schieneninfrastruktur,
die Elektrifizierung des Schienenverkehrs und barrierefreie Modernisierung der
Zugänge. Dies bedeutet insbesondere eine über die bereits erfolgten Erhöhungen
hinausgehende Steigerung der Regionalisierungsmittel und ein mutiges Angehen des
Investitionsstaus im Bahnverkehr. Wir setzen uns dafür ein, wesentlich mehr
Mittel aus dem Landeshaushalt für einen attraktiven ÖPNV einzusetzen und
kommunale Initiativen zur Reaktivierung von Schienentrassen für den Personen-
und Güterverkehr, die eine hinreichende Wirtschaftlichkeitsperspektive
aufzeigen, verlässlich finanziell zu unterstützen.
Wir wollen keinen Neu- und Ausbau von Autobahnen in RLP. Statt auf die
Beschleunigung von Autobahnprojekten zu setzen, sollten die ohnehin knappen
Planungs- und Bauressourcen auf den Erhalt, Brückensanierungen und die
Schieneninfrastruktur fokussiert werden.
Wir begrüßen die Entwicklung eines Landesnahverkehrsplans unter Federführung des
Klimaschutzministeriums in RLP und den angestoßenen Beteiligungsprozess zur
Festlegung von Mindeststandards im ÖPNV. Als GRÜNE wollen wir einen
Mindeststandard, der den ÖPNV als echte Alternative zum MIV begreift. Der
Landesnahverkehrsplan sollte 2023 erstellt werden.
Das Deutschlandticket gilt es zu verstetigen. Damit viele davon profitieren,
begrüßen wir die Unterstützung von Bund und Land bei der Einführung von
Jobtickets und fordern eine Ermäßigung für Gruppen wie Schüler*innen,
Auszubildende, Studierende, Freiwilligendienstleistende oder
Sozialhilfeempfänger*innen schrittweise einzuführen. Hierzu erwarten wir als
ersten Schritt zeitnah ein vergünstigtes Deutschlandticket für junge Menschen.
Der Bund wird aufgefordert, sich zu einer langfristigen Mitfinanzierung zu
bekennen.
Von der Bundesregierung und dem Bundesverkehrsministerium fordern wir als
rheinland-pfälzische GRÜNE die Umsetzung eines generellen Tempolimits auf
Autobahnen und die Wahlfreiheit für Kommunen, über die Einführung von Tempo 30-
Zonen in Innenstädten frei in den Räten entscheiden zu können.
KLIMASCHUTZ IN STADT UND DORF UMSETZEN
Klimaschutz gelingt nur, wenn er sozial-gerecht ausgestaltet ist. Unser Ansatz
ist dabei Lösungen aufzuzeigen, wie Städte und Dörfer klimaneutral werden
können. Bund, Land und Kommunen müssen dafür an einem Strang ziehen.
Dabei müssen wir über den heutigen Stand der Kommunalfinanzierung hinausdenken.
Um Kommunen zu befähigen Klimaschutzmaßnahmen umzusetzen, wollen wir eine
Regelung finden, so dass Klimaschutzmaßnahmen auch bei nicht ausgeglichenen
Haushalten von der ADD genehmigt werden.
Wir wollen das Landesklimaschutzgesetz zeitnah mit dem Ziel der Klimaneutralität
bis 2040 fortschreiben. Dort sollen in RLP verbindliche Sektorziele im
Klimaschutzgesetz verankert werden. Das betrifft auch die in diesem Antrag nicht
explizit behandelten Sektoren Industrie, Abfallwirtschaft, Land- und
Forstwirtschaft (LULUCF).
Wir wollen ein regelmäßiges unabhängiges und transparentes Monitoring der
Klimaschutzziele im Klimaschutzbericht auf der Grundlage aktueller Daten in
Verbindung mit zielorientierten Maßnahmenempfehlungen durch den
Klimaschutzbeirat.
Die mutige Kommunikation in die Gesellschaft hinein werden wir als rheinland-
pfälzische GRÜNE konsequent mitgestalten. Unser Auftrag ist es nicht zuletzt
auch die Sorgen der Menschen im Veränderungsprozess ernst zu nehmen, auf
Probleme hinzuweisen, dazu konkrete Antworten und Lösungen auf Bundes-, Landes-
und Kommunalebene zu entwickeln. Dabei bleibt es unsere Zielsetzung auch unter
ungünstigen Rahmenbedingungen die Klimaschutzziele einzuhalten. Es gilt jedes
Zehntel-Grad zusätzliche Erwärmung zu verhindern.
erfolgt mündlich
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